Du hast mal gesagt, du willst alles gefühlt haben, was geht. Und im ersten Moment dachte ich, du bist doch bescheuert, das geht doch so nicht, wer will denn das schon? Und im Moment nach dem ersten Moment habe ich verstanden, wieso und weshalb und dass nur das eigentlich das Ziel sein kann, sich als Mensch vollständig zu fühlen, zu wissen, das Gefühl ist dort und die andere Regung, die kommt von da drüben, wissen, wo oben und unten ist, also ganz genau und in jedem Zustand. Und wir beide haben uns gut verstanden im Schlaf, wir haben ein paar Zustände ausgelotet, wie es sich anfühlt, wenn man auf einem Parkplatz liegt zum Beispiel, wir würden uns in Jahren noch gut verstehen, auch im Schlaf. Den See und das Feuer und das Stockbrot mit den Oliven darin, das haben wir probiert, ohne Feuer wärst du nicht mitgekommen, das war ganz klar, aber ohne dich hätte ich nicht fahren können, weil ich nicht fahren kann, das wusstest du genau. Du willst alles gefühlt haben, was man fühlen kann, bist du denn bescheuert, das geht doch so nicht, am Ende ist dein Verschwinden auch der Versuch, deine Sammlung zu komplettieren, ich muss lachen dabei, weil es so sehr passt, du wirst alles gefühlt haben, was man fühlen kann, dann am Ende, es kann nicht anders sein und du wirst dich erinnern, vielleicht auch im Schlaf, an die Decke am See und die Mücken über dem Wasser und dich und mich, also nebeneinander. Manchmal sitzt dein Großvater auf einer Bank in meiner Straße gegenüber der Baustelle, die es jetzt gibt, er schaut auf den Kran und dann weiß ich, woher du das hast, diesen Blick nach oben und dein Glück, das du so umfasst, dass du aufpassen musst, dass es keine Druckstellen bekommt, du wirst alles gefühlt haben, das verspreche ich dir. Man muss es lieben, dich zu vermissen, du bist doch bescheuert.
Wenn jemand stirbt, sucht man meistens nach den richtigen Worten. Weil man denkt, immer wenn es Irritationen gibt, müsse man etwas sagen. Wir sind das gewöhnt, also dass man etwas sagen muss in den meisten Fällen. Wobei ich glaube, im Verlust ist es am wichtigsten, für einen Moment wortlos und einfach nur zu sein, zu spüren, was fehlt, zu sehen, dass es ein Loch gibt, einen Krater und Nebel. Wenn einem jemand davon stirbt, wenn jemand unwiderruflich geht, kann man oft nicht sprechen, wenn es einem selbst passiert, man kann nur schauen und fühlen und manchmal schreien, aber das sind keine Worte. Im Verlust steckt die ureigene Existenz, weil ja immer noch etwas übrig bleibt, nämlich man selbst, und manchmal auch noch etwas vom anderen, vor allem aber man selbst und nur das.
Und wenn man sieht, wie jemand verliert, einen Verlust durchmacht, denkt man immer, es gäbe etwas zu sagen, man spürt einen Druck und ein Pflichtgefühl, man denkt, es gäbe eine Hilfe, die per Wort zu geben wäre, ja, man hofft sogar, dass Worte etwas besser machen können, weil man in der Beobachtung so hilflos ist, weil man es so schlecht aushält, jemanden leiden zu sehen. Am Ende dient das Wort des Beobachters zuallererst auch der eigenen Erleichterung, denn die Schwierigkeit besteht im Grunde darin, zu schweigen. Auszuhalten, dass man sieht, wie sich jemand quält und leidet und vermisst und Schmerzen hat, auszuhalten, dass es keine Hilfe gibt außer da zu sein und abzuwarten und hier und da zu funktionieren ohne etwas in Frage zu stellen.
Im direkten Verlust gibt es keinen Verstand und keine Logik, es gibt keine Vorstellung davon, wie sich die nächste Minute anfühlen wird und die danach und die danach. Es gibt ein Entsetzen darüber, wie die Welt einfach weitermacht, wie der ganze Rest nichts vermutet von dem, was einem gerade passiert, und plötzlich gibt es ein Unvermögen teilzunehmen, wie man es vor dem Verlust getan hat. Dazu gibt es eine Ahnung davon, dass dies eines der Gefühle ist und diese Tage eine Zeit, an die man sich noch lange erinnern wird. Im unmittelbaren Verlust wird die Veränderung spürbar, denn mit einem passiert etwas, direkt danach weiß man, dass man von nun an Farben anders sieht und Musik anders hört und man bemerkt die klebrigen Erinnerungen, die von nun an grell flimmern.
Es wird eine Weile dauern, sich daran zu gewöhnen. Das Flackern wird nachlassen, aber das weiß man noch nicht.
Die Lippen kobaltblau, am Ende und am Anfang steht man immer am Fluss, die Füße eisschollenkalt, am Ende und am Anfang schneit es immer, die Finger an Scheiben mit Hautresten, ein bisschen du und ein bisschen ich, am Ende und am Anfang ist man immer ganz blind, weil man immer hinein in ein Gestrüpp oder herausschaut, die Knie marineblau, am Ende und am Anfang ist immer erst einmal Ruhe, die Schienbeine landen immer erst an dritter Stelle, die Handflächen an altem Stoff mit ein bisschen dir drin und ein bisschen mir, am Ende und am Anfang ist man immer verfremdet, die Augen in Cyan, alles Wasser ist eigentlich durchsichtig, hast du das gewusst, genau wie der Himmel, hast du das gewusst, genau wie die Grenze zwischen Brauchen und Wollen, genau wie der Knick in der Optik zwischen richtig und falsch, genau wie die Stoppeln am Bein deines Umstands und angelaufene Wünsche am Kinn meiner Sorge, wer sich um wen dreht, fragen die einen, wer aufhört damit, weil er sonst kotzen muss, die anderen, wer besser früher aufhört, weil er weiß, dass ihm schwindelig wird, ist immer der, der sich noch festhalten kann, wer dabei dann den Kopf in den Nacken legt und sich an Kondensstreifen orientiert, der hat es gerade noch so geschafft, ein bisschen du, ein bisschen ich, am Ende und am Anfang ist man immer ganz leicht, weil man sich alles vom Körper geworfen hat und die einen, die kennen das gar nicht mehr, und die anderen, die wollen das gar nicht mehr, eine zerrissene Hand auf dem Bauch, etwas angefangen und nie weiter gekommen, etwas angebissen und nie runtergeschluckt, etwas angestoßen und nicht aufgefangen, etwas verlegt und nie gefunden, etwas gesagt und nicht gehört, am Ende und am Anfang gibt es immer Aussicht auf Irrtum.
I am ok, you know… You don’t have to look at me as if the sky fell down. Some clouds did but this is what people might call rain. Get used to it. And never get an umbrella. Stay and get through. Why you should? Maybe it has something to do with the fact that I’ve got this heart shaped head and you, you’ve got this head shaped heart. This is what it is, we cannot change anything about it, we never will. But one day you might understand that substance is one thing and silhouettes, states of surfaces are another; and they are both worth it. As it is the same with the moon and rice pudding. You may notice some conformities in appearance every time you have a look but you’d never dare to match them. Just as it is with us.
And yes, I am alright. Someday you will know that this means a lot.
I want to tell you that this is real, this is really not something you lose with first sigh. I want to show you my favorite places, and the beauty of quiet and how laughter turns into funny noises when you hustle it downhill. I really want to see your face while drinking hot chocolate with cinnamon and forget about cellphones and internet and emails and even work or the book I am actually reading. I want to tell you that you might become one of my stories, not the shorter ones, not the ones you can write down and then forget about them, no, one of those stories you’re not able to write down because the right words haven’t been invented yet, haven’t been discovered by my brain, one of those stories you cannot tell but always have in mind. I want to show you where I come from, I want to lend you my arms and eyes and knees and my books and some of my words. And I really want to share spaces with you, window seats and tables, wider perspectives, carpets, stairs and a bed now and then. I want you to know that I am here and there, and I am constantly stable and reachable, that I am not falling apart like some other things that did. I will be there in the morning, still. I will.
Wenn man da sitzt und hofft, dass diese Geschichte mit der Zeit und dem Besserwerden ein bisschen Bestand hat, wenn man da sitzt und Getränke in sich hinein schüttet, weil man meint, das könne ein bisschen etwas beschleunigen, raus spülen, und wenn einem die Zeit noch gegenüber sitzt und einen anglotzt, ist es schwer. Es ist nicht nur schwierig, es ist wirklich schwer, weil es eben schwer fällt, jemandem gegenüber zu sitzen und nichts sagen zu können, weil es keine leichte Sache ist, jemanden anzusehen, der etwas mit einem gemacht hat, eine Veränderung, und darauf zu warten, dass er sich rührt oder geht oder spricht oder das noch einmal tut vielleicht. Und dann sitzt man und legt die Fingerspitzen auf den Goldrand des Tisches, weil er so kalt ist und der Rest so warm, der ganze Rest so sehr durchblutet, dass man es puckern sieht unter der Haut, dieses kleine Auf und Ab, das so stetig ist und doch kaum groß genug, um Schatten zu werfen. Gleichzeitig wird so viel Energie frei in diesen Adern, dass man jeden Moment das Gefühl hat auseinander zu fallen, nicht standhalten zu können und überzulaufen, vielleicht hier und da aufzuplatzen. Wenn die Dinge sich selbst eine neue Form geben, wenn sich etwas mit einer gewissen Lautstärke und Geschwindigkeit verändert, hat man oft das Gefühl, dass dasselbe mit dem eigenen Körper passieren müsste, der eigenen Form, dem Gesicht und den Händen, das kann doch nicht alles einfach so bleiben, da passiert doch soviel, das muss doch mitmachen.
Aber man sitzt da und die Grenze, die die Haut zieht, bleibt immer dieselbe, auch wenn sie hier und da blutet, das passiert, im Grunde aber nur kleine Banalitäten, Schorf ist auch eine gute Beschäftigung. Und die eigene Masse hinter der Haut bleibt dieselbe, obwohl sie sich ganz schön herumwirft, einmal durchwalkt, es scheint, als würde man sich selbst, während man da sitzt und der Zeit versucht in die Augen zu sehen, von innen umgraben, das Geräusch ist wirklich ein ähnliches, die angetrockneten Stellen brechen auf und darunter ist alles ein bisschen dunkler. Man fördert Dinge zu Tage, die man lange nicht gesehen hat, die Krusten vermischen sich mit anderen Schichten und Farben, da kommen auch glänzende Dinge hoch, Flächen, in denen sich Licht spiegelt oder Knöpfe einer Jacke. Hin und wieder beult eine Stelle, das passiert, wenn etwas große Wellen schlägt, wenn es keine klar vorgegebene Richtung gibt sondern erst einmal nur ins Wasser gehauen wird mit einer flachen Hand oder der einen/anderen Faust.
Man kann die Zeit nicht die ganze Zeit anstarren, auch wenn man meint, davon ginge sie vielleicht eher vorbei, das würde ihr irgendwann unangenehm, unser Blick, irgendwann rutscht er einem ab, weil Augenlider müde werden, weil wir müde sind schon und weil man nicht ewig so tun kann, als hätte man sonst nichts zu tun als die Augenbrauen anzuspannen, festzuhalten, zu schlucken. Und dann beginnen wir irgendwann damit herum zu schauen, verlagern das Gewicht, die Gewichte, irgendwann halten wir die Abwehrstellung nicht mehr durch und gehen in Schonhaltung über, das sind die Stunden, die man so verbringt, da passiert eine ganze Menge, auch wenn sie sich augenscheinlich keinen Zentimeter bewegt, die Zeit, und wie angeklebt in ihrem Stuhl hängt und immer noch scheiße und riesig aussieht und viel zu groß und zu breit, viel zu sicher und –
Nach der Schonhaltung kommt der leise Rückzug, das ist dann, wenn wir die Dinge nach und nach kleiner werden sehen, noch nicht die äußeren, aber die in uns, nicht die Gründe für die großen Gefühle, nicht die großen Gefühle selbst, aber die Unordnung, das Chaos und all diese verbrüderten Umstände, in denen sich die großen Gefühle verheddern, mit denen sie sich verkleiden, weil das manchmal besser wirkt und besser aussieht, Eindruck schindet. Das ist keine Kapitulation sondern eine Entscheidung, die du nur für dich triffst ohne es zu merken, eine Bagatelle aus Selbstschutz, für die du später sehr dankbar sein wirst. Und wenn du deine Dinge langsam packst, die Gesten, das Schluchzen, all das, worüber jemand stolpern könnte, wenn er sich dir nähert, wenn du das zusammen räumst, hast du zu tun, benutzt deine Hände mal wieder so, dass sie die Chance haben sich abzukühlen. Sachen verrücken und saubermachen und neu anordnen, auch außen und um dich herum, als Verhaltenstherapie, die die Bewegung als solches in den Mittelpunkt rückt. Du beginnst wieder, dich einzusetzen, die Richtungen auszuschöpfen, nach und nach immer mehr.
Manchmal passiert es hier schon, dass die Zeit unruhig wird, wenn sie sieht, wie du sie nicht mehr die ganze Zeit betrachtest, sie rutscht und fummelt sich an den Rändern ihrer Kleidung herum, mitunter steht sie kurz auf, um sich gleich danach wieder zu setzen, du schaust kurz auf und bist dir sicher, sie hat sich nicht gerührt, alles beim Alten, und machst weiter. Und wenn du dich dann sortiert hast, lehnst du dich zurück. Du hast nichts mehr zu verlieren, das ist alles draußen, alles auf dem Tisch, soll sie doch sehen, was sie damit macht, diese Diva, mehr gibt es nicht, das bist du, das ist alles, was du zu geben hast, man kann das jetzt nehmen und gehen oder anschauen und in die Hand nehmen, man kann es liegen lassen und sich irgendwann daran erinnern. Wenn du dann einen Moment das alles noch einmal anguckst, was da vor dir liegt zwischen den goldenen Tischrändern, das eine hier, das andere dort, die Fäden entwirrt und sorgsam nebeneinander aufgereiht, und dann den Blick hebst, dann passiert es, dass sie in der Zwischenzeit aufgestanden, zur Garderobe gelaufen und mit ihrer Jacke im Arm zur Tür raus ist. Das ist der gute Moment. Indem du dich entscheidest, einfach sitzen zu bleiben. Nicht aus Erwartung, nicht aus Beweis sondern einfach, weil es gerade so angenehm ruhig ist. Kein Starkwind, die Küstennebelfelder abnehmend. Bleib so.
Sich schütteln, sich von innen nach außen krempeln und einmal ordentlich durchsaugen, sich danach zusammenfalten, nicht bügeln, niemals bügeln, weil bügeln Fasern kaputt macht, aber ausklopfen, sich aus einem Fenster hängen und im Wind warten, solange bis es kalt wird und jemand einen reinholt, den ganzen Mist in den Hof werfen und noch weiter, die Krümel aus den Ecken, keine Krusten mehr, kein Geröll, aber die Enden nehmen und glatt ziehen, jetzt ist Frühling, wir bügeln nicht, aber wir lassen uns rühren, denn die Bewegung, die ist alles, was wir haben, das klopfende Herz und das Zwinkern und die nicht sicheren Finger, das ist keine Schwäche, das ist nur, weil wir nicht fest gefroren sind, weil der Winter sich nicht einnistet in uns, weil er manchmal Schichten bildet, dünnes Eis, weil an manchen Balken Zapfen wachsen, aber dass es nun rinnt und sich rührt, das sind wir, das ist, weil die Starre uns nicht hat und die Vollzeit-Souveränität noch nicht, das ist, weil wir noch schnell genug sind, weil wir noch zucken, wenn uns etwas berührt, weil nicht überall Hornhaut ist, wo man sie vermuten könnte, weil wir zwar manchmal glauben, dass es das letzte Mal war, dass wir so etwas fühlen und aushalten und verwinden können, aber das wird es nicht gewesen sein, das wird es niemals gewesen sein, weil es noch warm ist in uns.
Jemand sagt: „Ich will, dass es jemanden gibt, mit dem diese Sekunde genügt, um sich sicher zu sein, sicher zu fühlen, ich will mein verdammtes Vertrauen zurück, und ich will eine Nähe, die es bisher so nicht gab, ich will keine Ewigkeit, denn wenn es sein kann, dass es nur siebzehn Sekunden dauert, dann will ich eben nur diese siebzehn Sekunden.
Aber weißt du, wenn dieser jemand kommt, und das sagt und sich vor mich hinstellt und sagt, du bist die Sekunde, diese eine Sekunde, die reicht, und ich dann Bescheid weiß, dann ist die Wohnung so egal, von der ich vorher geträumt hab, weil man dann ineinander wohnt, man bleibt einfach und richtet sich ein und am Ende stolpert man über Dinge, aber am Anfang, da ist es wichtig, dass man sich dafür entschieden hat mit diesem Sekundengefühl und dann geht man nicht mehr weg, dann geht man nicht mehr aus dem anderen raus. Das ist dann die Wohnung.“
„There are girls who eat nothing at all. There are girls who eat their feelings. There are girls who do not sleep. I am one of them. On better nights I go and tell I chose Insomnia As A Lifestyle. On not-so-good ones I tell nothing at all. Sleeplessness is a lonely matter. Rarely do I share it. It is a state where monsters are created, pacts are made and promises look broken ““ it’s a country of its own. A couple of nights ago I had a visitor in wakeful land. 4 years old and he said all the shadows are ghosts. Not the good ones that eat wind, but the bad ones that eat your eyesight and pump cold acid into your veins and put you under black light and dance with you. We made plans that night and found out the truth about things. Most of it has to be kept secret. But I can tell you that ghosts drink milk from dead cows to maintain white and scary. They will explode, however, if you trick them into eating chocolate. By 4am I was also convinced that unicorns once did exist. They are extinct now like dinosaurs are because of the amount of glitter in their lungs. And maybe you did not know but in the age of dinosaurs there were no mountains on this planet. Only canyons. Depth was dangerous. On a different matter we found snow to be a liar and a heart breaker. It starts as snow up there and arrives as plain old rain on our sidewalk.“
Diesen Text hat Claude geschrieben und am Samstag zieht sie fort. Diese Stadt wird leerer ohne sie und so anders. Jeder, wirklich jeder sollte am Wochenende am Fenster stehen und verdammt noch einmal jedem, aber wirklich jedem Umzugswagen winken, der ihm über den Weg fährt oder über die Straße dort unten. Sie könnte es sein und das ist immer eine Option.