Xenolith.

Strand

Wir standen am Ufer, noch völlig zerzaust von einem Flug und einem Temperaturunterschied und all den Tagen, die man ja immer mit sich herum schleppt. Wir standen dort und das Abendlicht, das indirekte, das man nicht sehen kann und das trotzdem hindurch kriecht durch Wolken und Haut, färbte die vom Wind zerdrückten, trockenen Wintergräser hellbraun. So hellbraun, als habe jemand gerade etwas drüber gekippt, semipermeabel, nicht ganz deckend, etwas, das noch nicht weiß, ob es bleiben wird, das sich in der nächsten Sekunde auch verflüchtigen könnte, wenn es sich dafür entscheidet. Und vor uns der Ozean, S. zeigte in die Ferne, dort hinten liege der Gletscher, den man nur erkennt, wenn die Sicht wirklich gut ist, und weiter links noch drehte das Licht des Leuchtturms seine Runde. Zwischen Meer und Sand und Dünensträuchern lagen die großen, schwarzen Steine. Basalt vielleicht. Wenn ich aus isländischem Boden stehe und gehe, taucht immer wieder die Frage auf, wann dieser Boden, das, was sich fest anfühlt unter mir, was mich hält, wohl das letzte Mal flüssig war und wann es das wieder sein wird, es kehrt ja das meiste irgendwann dorthin zurück, von wo es gekommen ist. Und in Island sind alle Aggregatzustände immer so nah beieinander, das Flüssige und das Feste, heiß und kalt; und die Grenzen von allem Grundsätzlichen werden hier einem mit beinahe jedem Schritt vor Augen geführt. Die Endlichkeit von Land und Wasser und dem eigenen Standpunkt, die Endlichkeit vom eigenen Können und dem Aushalten, das Verrinnen von Zeit. Und mit alldem auch immer das Begreifen der Unendlichkeit von allem, was man nicht begreift, was man nicht weiß, nicht fühlt, nicht sieht, nicht hört, nicht kann, nicht will, nicht wird. Island malt einen Kreis um mich. Im ersten Moment fühlt es sich unheimlich an, das kleine Stück Land, der Rahmen, und später wird der Kreidekreis zu einem Platz, auf den man sich verlassen kann, das bin ich. Mehr hab ich nicht.