Zurückkehren.

Kex Hostel

Meine Reisen brauchen immer eine Weile, bis sie einen Platz in mir gefunden haben. Ich fahre los und komme kaum zum Denken, ich fahre weiter und alles fliegt mir von innen um die Ohren, um den Gehörgang, knapp an den Pupillen vorbei, in ständiger Berührung mit der Schädeldecke, es quietscht nicht, es gleitet. Irgendwann dann wird es langsamer, rollt nur noch, kommt zum Stehen, setzt sich. Aber das dauert. Ich erinnere dann keine Reihenfolgen, ich erinnere Bilder, die auf den Boden gelegt und in deren Nähe Fenster geöffnet werden. Die Episoden setzen sich neu zusammen, manchmal sieht man, wie etwas passt, das man nicht erkannt hat.

Ich habe die Insel beim Ankommen sofort gerochen, als wir draußen vor dem Flughafen standen und Nina eine Zigarette rauchte. Ich wußte, dieses Mal habe ich etwas mehr Zeit und dass es nicht genug, aber schon gut sein wird. Vielleicht braucht man immer einen Grund, um wiederzukommen. Und da stand ich und sah in die Nichtlandschaft, die um den Flughafen herum ist, das Wasser war dunkelgrau, als wir darüber flogen, daneben immer noch diese hellbraunen Weiten, über die nur Stromleitungen führen, irgendwo weiter hinten der Dampf der Blauen Lagune wie ein Rauchzeichen. Du bist jetzt da. Der Landeanflug müsste länger dauern, vielleicht werde ich irgendwann um die Insel fliegen müssen, um sie zu begreifen. Ich wusste, wir fahren durch den Süden und der ganze Rest, das ganze Große liegt dahinter und wartet noch, es rennt nicht weg, alles ist in Ordnung, wir sehen uns irgendwann.

Le Chateau des Dix Gouttes

Das Hemmi og Valdi auf der Laugavegur gibt es nicht mehr. Ich habe dort zwei Becher gekauft, weil sie so gut in die Hand passten, weil die heiße Schokolade aus ihnen besser schmeckte. Es gab Toast und man konnte immer irgendjemandem beim Schachspiel zusehen, ohne dass er es bemerkte. Manchmal spielte jemand mit sich selbst, manchmal zu zweit. Jetzt ist ein Coffee Shop eingezogen, der aber ebenfalls gerade umgebaut wird, Stuart erzählt etwas von einem Hotel. Ich hatte mich auf den Geruch gefreut, auf die eine Ecke mit der grün bezogenen Bank, jetzt gibt es diesen Ort nicht mehr und wir suchen einen neuen. Wir bestellen den Wein nach dem Etikett und essen belgische Waffeln, es läuft ein irgendein Weihnachtslied in einer anderen Sprache, ich habe vergessen, in welcher genau, aber ich weiß noch, wie wir darüber sprachen, dass sich die Herkünfte der Dinge vermischen und wie absurd es ist, am anderen Ende der Welt zu sitzen und etwas zu hören, das man kennt.

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Wir schlafen allein in einem Sechsbettzimmer und versuchen, nicht zu sehr zu überlegen, wer welches Bett nimmt. Ich schlafe am Fenster. Von dort sieht man in den Hof und abends in die Fenster des Wohnhauses gegenüber, jemand hat dort ein Atelier eingerichtet und läuft viel auf und ab. Es wird früh dunkel, unsere Wangen glühen. Irgendetwas im Haus klappert die ganze Nacht, irgendwann hören wir es nicht mehr, nur noch den Wind. An diesem ersten Abend bleibt Island noch eine Ahnung, ein Bauchgefühl, lediglich als wahr angenommen, noch nicht bestätigt.