Blattschnitt.

Wiese

SaÅ¡a sprach am Freitag bei der ZEIT am Ende kurz, als jemand fragte, von Heimat und Zuhause, von Ankommen und Weggehen, und ich kann ihn kaum noch zitieren, weil ich’s mir nicht direkt aufgeschrieben habe, aber schön hat’s geklungen und auf dem Weg nach Hause, als es schon richtig dunkel und nicht mehr ganz so verregnet war, da ist mir mein eigener Bezug dazu wieder ein- und beinahe zwischen die Speichen gefallen, fast hätte ich es laut gesagt, also dieses „Jawohl!“, denn solche Gedanken brauchen neuerdings immer ein wenig, um sich in mir zu setzen. (Früher hat sich in mir jede Regung als endgültiger Gedanke getarnt, mittlerweile habe ich ein Alter erreicht, in dem Nuancen als Möglichkeiten besser auszuhalten und sogar zu genießen sind und die wirklichen Gedanken, also die mit Anfang und Ende und Sitzfleisch, die brauchen länger, um aufrecht stehen und in mir herumlaufen zu können, die bauen sich erst nach und nach).

Jemand im Publikum fragte Saša also, ob er sich mit dem Dorf aus „Vor dem Fest“ auch eine neue Heimat geschrieben habe, und SaÅ¡a antwortete mit der Begegnung des Malers, der etwas gesagt habe, das auch ich vermutlich so schnell nicht vergesse: „Heimat ist, wo ich mich auskenne“. Und dann ging es um das Aneignen von Orten, also wie man sich beschäftigt damit und so immer näher rückt, wie man sich hinein gräbt in die Geschichte eines Platzes und damit auch seine gegenwärtigen Strukturen versteht, wie Wissen auch Nähe schafft und Verständnis – und da auf dem Fahrrad hab ich mir gedacht, das ist der Grund, warum ich immer diese Texte schreibe, Gefühle seziere, es ist ja so einfach, genau das ist die Erklärung. Vermutlich müsste ich jetzt darauf anstoßen oder mir etwas gönnen, ich hatte ja bisher nie eine Antwort auf die Frage, warum ich diese Bücher mache, also keine wirklich verwurzelte, man sagt dann immer, man habe Spaß daran und lügt damit nicht, aber man kämpft ja auch, also ich zumindest, mit den Zeilen und den Sachen, die man sich dann zu schreiben traut (oder eben auch nicht), und jetzt habe ich eine. Sagen wir es mal so: Ich laufe vermutlich so viel in diesen Worten herum, um all die Möglichkeiten, Begegnungen, Regungen, den menschlichen Atem, das Herz, das Hirn und vor allem Mischkalkulationen aus all dem nicht mehr ganz so unheimlich zu finden, um mich daran zu gewöhnen, auszuloten, zu versuchen und mich dann möglicherweise irgendwann auszukennen oder hier und da mindestens kurz souveräner so auszusehen. Diese Geschichten sind ein Versuch, mich bäuchlings heran zu robben. Da haben Sie’s.