Sunday (1)
Der erste Eindruck dieser Woche war ein Blick auf glitzerndes Meer, eine zerklüftete Küste und einen braungrünen Flickenteppich aus Feldern. Die Sonne kletterte angestrengt durch die grauen Wolkenschleier, während das Flugzeug landete. Und dann waren überall nur noch Menschen. London ist so unglaublich voll mit Menschen. Alles rennt und schiebt und knistert und raschelt und telefoniert. Alle telefonieren, kleine Jungs, alte Omas. Es scheint, als unterhalte man sich entweder sehr laut miteinander oder man telefoniert eben.
Orientierung gibt es noch nicht, ich habe noch keinen eindringlichen Blick auf den Stadtplan geworfen, bin mehr hinterher als voran gelaufen. Mein Blick bleibt an jedem zweiten Haus kleben. Sie stehen alle in Reihe, zusammen gedrückt, alles ist gedrängt. Die Menschen, die Häuser, die Schilder, alles ruft irgendwie nach Aufmerksamkeit, nicht laut und schrill, aber doch konsequent. Und aus der Reihe fällt der, der es schlicht hält und einfach. Der sticht dann doch heraus. Und während ich schon am ersten Tag unglaublich viel Geld ausgebe, wir uns rund um die Brick Lane und Spitalfield Market durch die Mengen schlagen (bei uns sind die Straßen sonntags leer, hier sind sie voll), regnet es sich ein. Bei Kaffee mit dem dicksten und tollsten Milchschaum (ich stelle den Löffel hinein und er bleibt stehen, mit einem Anschubsen schlingert er langsam) versinken wir in weichen Sofas und sehen dem Licht beim weniger werden zu.
Die Einwegkameras sind im Anschlag, das Fotoprojekt in einem Reglement festgehalten. Die Lichter sind genauso bunt wie anderswo, nur sind es viel mehr, die kleinen Häuser scheinen sich zu biegen unter den vielen flimmernden Schildern, aber sie tragen sie doch mit Stolz vor sich her. Und auf dem Markt wird einem ganz anders von den teilweise so geschmacklos gemusterten Stoffen, die auf tausenden von Bügeln reihenweise die Straßen schmücken. Und jetzt stehen die Lichter still vor Fensterscheibe, auf der sich Tropfen sammeln und langsam hinabfließen in Musterbahnen. Das Hochhaus bewegt sich nicht, der Blick liegt still. Wir haben Pfefferminztee.