La Gomera #7

Vor der Wanderung ins Tal liegt oben an der Kurve dieser Hund unter der Leitplanke. Man weiß nicht, ob er schläft oder schon so tot ist, ich nähere mich langsam, dann bewegt er die Augen doch und die Pfote und den Schwanz und nach einigen langen Sekunden rappelt er sich langsam und behäbig auf, schief, als täte ihm die Hüfte weh, er schaut nicht genervt, aber zumindest so, als hätte er all das schon mehr als einmal erlebt, die bereits heiße Morgensonne, den Staub an meinen Füßen, meine ausgestreckte Hand. Aber dann setzt er sich doch neben mein Bein und lehnt sich an, er bewegt sich nur langsam, trinken will er nicht, aber sich anlehnen findet er gut, wir machen das eine Weile, bis die Sonne immer höher steigt und wir los müssen. Er humpelt zur kleinen Treppe am Eckhäuschen und legt sich dahinter. Die Strecke an der Wand hinter Arure scheint auf den ersten Blick so, als würde man sich nach der Hälfte langweilen, man steigt steil hinab ins Tal, mal geht es sanft bergab, mal nehme ich alle Hände und Füße zu Hilfe. Auch hier kommt das Gefühl nach einigen Höhenmetern zurück, obwohl es ja bergab geht, das sich damals in Bad Gastein am zweiten Tag einstellte, das Gefühl von, ich kann’s ja doch noch, das Kriechen und Krauchen, den eigenen Körper mit den eigenen Knien hinauf drücken und runtertragen, schleppen und voranbringen. Und wieder will ich den Ärzten, die sagten „Davon werden Sie sich vermutlich für immer verabschieden müssen“, zumindest eine Postkarte schicken. Keine Langeweile, nur dieser Fokus, das Körperliche und dazwischen schauen und atmen und sich an den Pflanzen und den Dornen, dem kleinen Bach vorbeidrücken, den richtigen Abzweig suchen, einfach laufen. Unten im Dorf warten drei aggressive, winzige Köter neben großen Kakteen auf uns, die Taverna hat zu, in ihrem Schatten unter dem Balkon essen wir Pistazien und Äpfel und hoffen, dass das Wasser für den Aufstieg reicht. Und am rechten Talhang schieben wir uns zurück hinauf, zwischen den Kiefern entlang, unter denen es angenehm kühl ist, noch ein Stückchen weiter hinauf bis in die Wolken zurück, die aus den Wellen aufzusteigen scheinen, bis zu den Ziegen zurück und dem Wind und es nimmt mir noch immer jedes Mal den Atem dort oben, weil die Geschichten, die Opa früher immer von den Bergen erzählte, nun anders klingen. Ich verstehe sie jetzt. Und die anderen haben sich alle geirrt. Er hebt nur kurz die Pfote im Schatten des Autos, als wir wieder an ihm vorbeilaufen, dieses Mal langsamer, er kennt uns ja jetzt.