La Gomera #2
Ich weiß noch, wie wir in Thailand auf der kleinen Insel vor der kleinen Hütte auf großen Handtüchern saßen und in dem Moment, in dem die Lampen in der Dämmerung angingen, dieses Geräusch ertönte, das Surren, von dem ich dachte, es gehöre zu den dicken Stromleitungen, bis ich ein paar Minuten zu spät begriff, dass das die Tiere waren, die nun, da die Sonne sich verabschiedete, endlich genug Luft zum Tiersein und Krachmachen hatten. So ähnlich ist es hier. Das Surren der Bienen ist so laut, dass man im ersten Moment auf die Idee kommen kann, man hätte sich einen Tinnitus eingepackt. An den Straßenrändern blüht alles, entgegen meiner Erwartung. Unzählbar viele Blumen hängen über rostende Geländer wie schweres Bettzeug. Weiter oben ist das Wetter hinter jeder Kurve anders, plötzlich fährt unser Auto mitten in der Wolke, mitten im Regen, mitten im Urwald. Mir könnte ungehindert eine Fliege in den Mund sausen und dort Urlaub machen. Wir essen in Vueltas, die Sonne brennt. Am Nebentisch unterhalten sich zwei ältere Pärchen auf Englisch, die einen sind Deutsche, die anderen kommen aus den Niederlanden, im Englischen sind beide nicht zuhause, so versteht man sich. Von unserem Platz aus kann man das Schild des Deutschen Metzgers sehen. Endlich wieder Mojo schmecken und Papas Arrugadas, das Salz und die Schärfe wie als Beweis für irgendwas. Der Geschmack mancher Sommer, die schon lange vorbei sind. Und wenn die Sonne da ist, weiß man sofort wieder alles, während man im Winter ja nur glaubt zu wissen. Wie sich das anfühlt. Man glaubt genau zu wissen, was man vermisst und merkt in der ersten Minute im Sommer, dass man sich selbst betrogen hat mit diesem Bild, das im Winter war nicht die richtige Erinnerung, das war nicht einmal eine Ahnung. Aber mit dem ersten Brennen, dem Einziehen, dem Öffnen der Poren ist alles wieder da. Im Schatten des Bootshauses spielen die Männer mit der festen, in Falten liegenden Haut Domino. Sie sitzen zu viert an einem Tisch, während die Frauen dahinter auf einer Bank warten, die Frauen sagen nichts, die Männer streiten laut, aber nicht das entzweiende Streiten, sondern das verbindende, das sich eigentlich einig sein, aber auf die eigene Formulierung bestehende Meckern. Auf der Terrasse in den Bergen dann dem Wetter beim Entstehen und Vergehen zusehen, Rotwein trinken und versuchen, den Tafelberg zu lesen, der im Sekundentakt auftaucht und wieder zwischen Wolken verschwindet. Im Tal sieht man die Sonne noch, hier oben ist es schon kalt.