Juli, U2.

Cemetery

Vinetastraße. Sie sind zu dritt, zwei setzen sich auf die Plätze gegenüber, eine neben mich. „Haha, jetzt wo ich weiß, dass du den nicht heiratest, finde ich den cool. Das war bei B. auch so, als sie den hatte, da fand ich den nicht gut, so – ich kann’s gar nicht erklären – vielleicht unzuverlässig? Er hat ständig alles verpeilt, nix hat der hinbekommen, obwohl der eigentlich ganz okay war, also so zum Labern, völlig okay eigentlich, aber für meine Freundin, da wollte ich was anderes, die hätte ja alles machen müssen, so’n ganzes Leben, also nee echt nicht. Aber als sie sich dann getrennt hat, hab ich mit dem geredet und so und der war echt lustig, ich mein, der ist eigentlich voll okay. Aber B. wirklich, neulich da hat sie einen Chickenburger bestellt und meinte noch: Keine Currysauce, wirklich, also echt nich, keine Currysauce. Und dann sitzen wir im Auto, packen das aus und dann is da natürlich Currysauce drauf. Ruft die wirklich im Laden an und sagt: Ich will mich beschweren, ich hab gesagt, ohne Currysauce. Die hat da echt angerufen und denen das gesagt ausm Auto, als wir das gegessen haben.“

An der Schönhauser Allee eine Klassenfahrtsgruppe. Es sind so viele, es ist so eng, es ist laut und riecht nach Pubertät. Um schmale Hälse hängen riesige Digitalkameras mit Extra-Akku. „Hier kann man ja gar kein Selfie machen, geh mal kurz weg, is mir egal, wohin, aber ey, kann ich hier ein Selfie machen? Geht, oder? Warte.. Ja, geht. Willste sehen? Warte, ich mach noch eins. Moment. So. Geht. Ey, hier kann man Selfies machen!“

Alexanderplatz, die Klasse steigt aus, Studenten ein, sie sind zu fünft. Am Arm trägt sie drei Festivalbändchen und etwas mit Perlen: „Ich verstehe das nicht. M. hat immer gesagt, pass auf. Aber echt. ich hasse Geld. Ich hasse Geld wirklich. Scheiß Kapital! Nächsten Monat möchte ich mich endlich wieder vollkommen fühlen, das macht mir so ein Loch im Gehirn. Scheiß Geld. Wer hat die Fahrkarten? D.? Okay.“

Zuhause das Os zygomaticum am Waschbeckenrand, irgendetwas zwischen Empathie und Resonanz. An J. denken und wie mein Bauch heute nachgespürt hat, ob er im Schlaf noch atmet auf mir. Augenblickliche Fühler, J. ist vier Wochen alt. Sein Zeh ist so groß wie der Nagel meines kleinen Fingers.