Anterograd.
„So wie einem das Bein einschläft, weißt du, manchmal wenn man komisch sitzt, so könnte einem doch auch mal das Herz einschlafen, vielleicht passiert das ständig und wir merken es nur nicht mehr, jedenfalls nicht so richtig, weil wir so viel damit beschäftigt sind, Termine zu planen, vielleicht ist das gar kein Kribbeln im Bauch, jedenfalls nicht so eins, wie wir immer glauben, wenn wir uns verlieben. Das kann doch sein, dass das ein eingepenntes Herz ist, das kann doch müde werden, das ist so ausgeschlossen ja nicht, ich meine, das ackert da den ganzen Tag herum für uns. Damit wir geradeaus laufen können oder Stufen hoch und Stufen runter, damit wir auf Knöpfe drücken und Guten Tag und Auf Wiedersehen sagen können und Spannbettlaken kaufen und all sowas. Vielleicht schläft es ein manchmal, weil es so im Eimer ist von dem ganzen Kram und wir denken, yippieh yeah, wir sind verliebt, und es fühlt sich nicht etwa so an, weil wir uns verschluckt haben, sondern weil das Herz froh ist, ganz kurz mal abgeben zu können, ganz kurz mal die Klappe halten zu dürfen, weil da jemand ist, der macht, dass wir uns sicher fühlen, dass das Herz geborgen wird, wo es sonst zu tun hat. Und dass es dann einschläft, nur kurz, mein ich, und dann gleich wieder aufwacht und sich erschreckt (man erschreckt sich ja hier und da mal, wenn etwas passiert, mit dem man nicht gerechnet hat), und dann muss es aufwachen und dann kribbelt’s eben im Bauch statt im Bein. Das ist ja wie Abklemmen, also wenn das Herz für einen Moment nicht weiter pumpt. Glaubst du nicht? Das kann sein, glaube ich, also dass das nix mit Schmetterlingen und so zu tun hat, nichts mit Fremdkörpern sondern nur mit einer kurzen Pause vom ganzen Rest, mit Erleichterung vielleicht auch. Das kann sein.“