Ich sage ja immer, es macht mir nichts, doch es macht mir was.
In mir etwas aus, in mir etwas an. Nach drei Wochen Stille und Meer und einem Horizont, den man ganz unbewusst einfach absucht mit dem Auge, obwohl man weiß, dass man nichts finden wird (und der einem dann zeigt, wie man auch sonst so funktioniert und dass wir alle immer auf dieser beschissenen Suche sind ohne mal Ruhe zu geben, ohne mal zu sagen, is gut jetzt, is doch einfach mal gut jetz), nach drei Wochen Ausleeren, sich und den Kopf und die Poren, nicht einmal mit Schwung sondern langsam, der Stress blutete aus, nach diesen drei Wochen ist wieder Platz und nach diesen drei Wochen ist so viel Platz, dass ich um alles, was passiert, sogar noch einmal ein paar Schritte machen kann, um es mal wieder von allen Seiten zu betrachten. Ich sage ja immer, es macht mir nichts, doch es macht mir was, all das, was passiert. Es macht mir etwas aus in verschiedenen Gegenden des Herzens und des Kopfes und als vorgestern jemand neben mir saß, der meinte, er könne es nicht, sich so angreifbar machen, solche Texte schreiben, die etwas mit dem eigenen Puls zu tun haben, und sie dann online stellen, da verstand ich ihn und nickte und gleichzeitig wusste ich, es darf etwas tun, man darf sich auch angreifbar machen, ich wäre dafür, das täten viel mehr Menschen, sich angreifbar machen und brüllen und flüstern, auch wenn es so oft nervt, aber mir sind Äußerungen immer lieber als Wandfarbe, Löcher lieber als Glattputz.
Und wie man den Stress jetzt ansieht, den man jeden Tag hat, und wie man das Ziel dahinter jetzt ansieht, das man nicht jeden Tag hat, und wie man mit der Lautstärke umgeht und dem nicht mehr ständig blauen Himmel und was man eigentlich will, nämlich mehr Disziplin im Gut Sein mit sich selbst und weniger Bequemlichkeit, weniger „Ist mir doch egal“, weil es nie egal ist und wir immer nur sagen, es ist doch egal, wenn es egal sein soll, unsere Abwehr macht die Sachen nicht kleiner und deswegen ist Unbequemes okay, mehr Umgehen damit, mehr Äußerung, mehr Auseinandersetzung, kein Wegducken mehr, weil es bequemer ist, und gleichzeitig aber auch ausloten, wann es genug ist, wann auseinandersetzen zu sich etwas aussetzen wird, das man nicht ertragen muss, die Grenzen neu ziehen und innen drin immer das Geräusch der Wellen am frühen Abend behalten, sich öfter herausnehmen aus dem Fluss, klarer sein.
Ich sagte viel zu oft, es mache mir nichts, doch es macht mir was und das ist eigentlich das Beste, was passieren kann. Sich selbst aufmachen und ehrlich sein und damit umgehen lernen, dass nicht jeder damit umgehen kann, in Bewegung bleiben und dennoch Inseln aufschütten. Alles lieber als Taubheit und immer wieder Platz machen, aussortieren, wissen, warum man sich für etwas entschieden hat und gegen etwas anderes. Sich nicht scheuen.
Kommentare
Ich möchte dir danken. Nicht nur für den Eintrag hier, der mich irgendwie besonders trifft, weil er diesmal viel tiefer in mich reingeht als deine anderen Einträge (die mich auch immer sehr berühren).
Vielleicht ist das das Leben ohne Filter und manchen tut es weh, zu sehen, dass man es kann, obwohl sie oft nicht sehen, was das auch mit einem tut. Für mich fühlt es sich eher an wie ausbluten, aber das ist trotzdem gut. Man fühlt dann, dass man lebt.
Ja genau! Danke! Vor allem für den letzten Satz.
Aus-mir-etwas-machen, das kam mir immer falsch vor, denn das klingt, wenn man, nein: wenn ich es als Aufgabe mit einem Ziel, einem diffusen, vorgegeben bekam immer so, als wäre es fehlgeleitet.
Und dann sah ich es mir an, das Aus-mir-etwas-machen, und erkannte dass das im bloßen Tun längst passiert aber eben auch nur dann passiert: Wenn Du zulangst. Und das tut manchmal weh. Aber so gibt man den Dingen und sich eben eine Form: mit Kraft und mit Drücken und Kratzen und nicht im Liegen und Sitzen und Gucken. Allein mit Liegen und Sitzen und Gucken hat keiner ein Problem aber mit Liegen und Sitzen und Gucken kriegt man außer der Matratze nicht geformt. Deshalb bin ich dabei!
Das ist wahr, bringt mich gleich ein bisschen runter und ist wirklich schön geschrieben. Vielen lieben Dank!
verletztlichkeit braucht mut. und dein text MACHT mut, mut zum sich auf machen, zum sich auf den weg zum echtsein machen.
danke!
Die immer wiederkehrende Einsicht, dass ein Ja zum Selbst nicht zwingend ein Nein zum Rest ist, sondern die Reflexion der eigenen Teile an den anderen.
Schön zu lesen.
Und wie man den Stress jetzt ansieht, den man jeden Tag hat, und wie man das Ziel dahinter jetzt ansieht, das man nicht jeden Tag hat…
Wundervoll!
[…] wieder ganz anders gesehen wird. Lisa Rank hatte kürlich diesen reichlich wunderbaren Text namens “Ich sage ja immer, es macht mir nichts, doch es macht mir was.” geschrieben und ich habe mich schon lange nicht mehr so sehr in etwas wiedergefunden. Weil das […]
Ein wundervoller Text! Danke!