La Gomera #3
Am besten geht man auf den Berg, bevor sich der Tag eine Stimmung ausgesucht hat, noch müde und mit Bananen vielleicht die ersten Schritte machen, bevor es in die Höhe geht, und dann einfach hoch, mit dem Wind und am Wind vorbei, mit kurzen Hosen, auch wenn die eigentlich zu wenig sind, und dann oben stehen und wissen, hier haben sich die Ureinwohner früher verschanzt. Zu allen Seiten nur Wolken. Hin und wieder reißt der Wind das Weiß auf, frisst Löcher hinein, dann kann man Farbe sehen und Miniaturen und sehr weit hinten das Meer. Und den Schwindel aushalten, der kommt, wenn man sich auf den Rücken legt, den Schwindel aushalten und das Wegkippen des Bildes, denn es dauert nur kurz und danach wird es gut, weil nichts mehr dazwischen ist, also zwischen dir und dem Wetter, aber mehr als sonst zwischen dir und dem Rest. Später auf dem Weg zum Wasserfall schaltet der Kopf in diesen Stand-By-Modus, den ich zum ersten Mal in Bad Gastein gelernt habe. Irgendwas zwischen Meditation und Konzentration. Man setzt die Schritte und irgendwann weiß der Körper, wie es geht, und macht’s von allein und der Kopf bleibt prüfend dabei, aber nur im Hintergrund, im Rest der Zeit schaut er sich die Gedanken an, die so vorbeikommen und überredet keinen einzigen zum Bleiben. Am Abend am Meer stehen und verstehen, dass es seit acht Monaten etwas anderes ist zwischen dem Wasser und mir und einen Schritt zurück machen, als die erste Welle kommt. Wir sehen uns ja zum ersten Mal seitdem. Am nächsten Tag den blauen Stein im schwarzen Sand finden und ihn liegen lassen, weil man ja nun aus dem Alter raus ist, in der Anhäufung sich in Artefakten zeigt, jedenfalls nicht mehr als Beweis, aus dem Alter raus, in dem man Dinge aus dem Urlaub mitbringt, also solche, die sich nicht verzehren lassen und die einstauben und die man sich nicht traut wegzuwerfen, weil einem das irgendwann mal jemand beigebracht hat aus Versehen (wir ahmen ja immer nach), aber nun in dem Alter drin, in dem man weiß, der blaue Stein sähe nirgendwo so gut aus wie hier. Ein kleiner Junge steht an der Wellenkante und brüllt: „Das Einstürzen gehört uns ganz allein!“