Zwanzigfünfzehn
In sich Frieden machen, indem man erst ganz viel reinholt, eher ungewollt, vielleicht eher unachtsam, und dann wieder ausräumt, leer fegt, rausschmeißt, Gefühle und Entscheidungen selbst in die Hand nehmen, sich vor die Nase halten und bei Bedarf anbrüllen, sowieso auch mal brüllen, seit Jahren habe ich das nicht getan, dieses Jahr schon, wie erleichternd, dass das noch geht. Jedenfalls die Dinge in die Hand nehmen oder was auch immer ein Ding sein will, und einander in die Augen starren, ich habe gewonnen. Hinspüren auch, wo die Grenzen wirklich sind und nicht, wo man will, dass sie sind, weil das vielleicht hübscher aussieht oder sich so gehört oder einem das antrainiert wurde, wieder ein Gefühl für das Eigentliche entwickeln, vor allem in der zweiten Jahreshälfte, eigentlich wirklich erst dann, auch das mit der Freiheit. Die erste Hälfte war viel Übung und Nachwehen und Ankommen und auch das braucht Zeit. Sowieso auch: Zeit geben, mir selbst und anderen. Ebenfalls: Entscheidungen treffen. Und nicht darauf warten, dass das jemand anderen für einen macht. Die eigene Komfortzone verlassen, mutig sein, so ein Jahr war das. Sich selbst bewegen und nicht einfach nur passieren. Die wichtigste Anschaffung dieses Jahr waren die Wanderschuhe, die rührendsten Konzerte waren Die höchste Eisenbahn, Death Cab For Cutie und Oh Wonder, das wichtigste Album das neue von CHVRCHES, die wichtigsten Menschen rückten noch näher. Ein Jahr, in dem Energie freigesetzt wurde, endlich, ich mich von meiner Lieblingsbar verabschiedete, wir uns auf einen neuen Menschen freuen, wir einen anderen Menschen verloren haben, und gemacht und getan und still gehalten und viel geschaut und viel Kraft gebraucht, das habe ich. Ich bin stiller geworden, und klarer, als hätte jemand die Wogen gebügelt, anders, aber schön. Ich habe viel Ja und an ein paar sehr wichtigen Stellen Nein gesagt. 2015, auch ein Jahr der Berge, der Kaleidoskopbewegung. Und: I asked myself for peace and found a piece of me. Ziemlich okay ist ziemlich okay.