Indikativ.
Als Kind habe ich mich mal gefragt, ob alle Menschen die Farben gleich sehen. Ob mein Rot auch dein Rot ist. Mein Grün dein Grün. Oder ob wir völlig verschiedene Welten nur einfach gleich nennen, weil wir es nicht überprüfen und lediglich in Hell/Dunkel und Schraffuren unterscheiden können. Dazu gehörte die Vorstellung der Welt durch die Brille der anderen. Was wäre, wenn meine grünen Bäume bei dir eigentlich lila sind? Wenn ich für dich blaue Haare habe und der Himmel jeden Morgen eigentlich braun leuchtet statt orange?
Später kam Zeit dazu. Ein Gespür dafür, wie sich Oberflächen abnutzen. Dass Tage, Wochen, Jahre, mitunter auch nur ein paar Minuten sehr viel mit Haut machen können, sie verledern, abschmirgeln, anrauen. Dein Schwarz wäre nicht einfach mein Dunkelblau. Dass wir das unterschiedlich sehen, könnte auch an dem Alter unserer Netzhaut liegen, der Tageszeit und dessen, was das von uns Betrachtete schon erlebt hat, weißt du? Weißt du, ich weiß.
Und dann auch merken, dass Licht wichtig ist. Nicht nur da sondern relevant vorhanden. Und dass es auch mal unter die Bettdecke kommen muss. Dass nicht egal ist, von wo es wohin fällt. Mein Schwarz ist vor allem nicht dein Schwarz, weil wir niemals am selben Ort stehen können, weißt du, aus derselben Höhe schauen mit derselben Sicherheit, das wird nicht funktionieren, deswegen changiert unser Farbfeld, es ist immer deins und meins und wenn wir Glück haben, laufen die Farben an ein paar Stellen ineinander.
Es sieht immer nur so aus, wie es aussieht, weil man fühlt, was man fühlt, und ist, wer man ist. Es sieht immer nur alles ein einziges Mal genau so aus.