Die Sache ist ja die, dass es so viele Sachen sind.

Monat: Februar, 2013

Da ist es.

Bist du noch wach

Das ist der Moment, in dem man keine Worte braucht, weil man sie alle in den Händen hält. Anfassen, reinschauen, sich vergewissern. Und wir finden uns ganz gut.

Mein neuer Roman „Bist du noch wach?“ erscheint am 12. März 2013 im Berlin Verlag. Vorbestellbar ist er hier. Und natürlich im Buchladen eures Vertrauens. Worum es geht? Vor allen Dingen geht es um Freundschaft und darum, wie man einen Abschied findet, wenn man eigentlich keinen Abschied will.

Für Presse-Exemplare und Lesungsanfragen melde man sich hier, für Interviewanfragen auch gerne bei mir direkt unter elisabeth.rank ( at ) gmx.de. Die aktuellen Termine findet ihr am unteren Ende dieser Seite. Und ja, ich freue mich sehr auf alles, was kommt. Tausend Dank und ein großes Stück meines Herzens an all die Menschen, die das ermöglicht haben. Ihr wisst schon.

Inventar

Leaves

Es gibt eine Autobahnfahrt und es gibt diese Landstraßen und manche davon sind Alleen, die jetzt im Winter nichts mehr haben von der Idylle außer vergilbte Heuballen am Rand, die jemand vergessen hat abzuholen, und es gibt den schlechten Radioempfang und dann die CD, die irgendjemand mal im Auto vergessen hat, und die wir am Ende lieber ausmachen, und dann gibt es noch den Lidl und den Aldi und einen Penny und die Tankstelle, ein Nagelstudio, einen Schreibwarenladen, im Ort dahinter ein kleines Hotel, eine S-Bahn-Station, einen Computerfachmann, eine Werkstatt, Fashion & Mehr, das Mehr schreiben sie groß, als hätten sie Meer schreiben wollen, ist aber ein See da vor ihrer Tür und im Sommer kommen zu viele und im Winter zu wenig. Es gibt diese Dörfer, die nur eine Straße haben, eine Straße immer geradeaus und manchmal einen Vorgarten mit Metallzaun und dahinter Fenster mit zugezogenen Gardinen und in der Fassadenfarbe toben sie sich aus, alle Nuancen an Lachs gibt es, die Seitenwände werden nicht gestrichen, nur die Fassade nach vorn, manchmal Mint auch, wie lange haben sie dafür gestritten im Dorfrat, hellblaue Dächer.

Am Friedhof gibt es eine dunkelgrüne Umzäunung, eine silberne Türklinke, die man nur ein bisschen herunterdrücken muss und schon springt die Tür auf, ganz sauber, kein Abdruck, kein Schweiß, es gibt Grabsteine, zwei drei Kreuze, und wenig Platz dazwischen, die Parzellen im vorderen Teil sind eng geplant, drumherum noch viel unangetasteter Rasen, aber dort, wo schon losgelegt wurde, da platziert man effizient, selbst jetzt im Januar ist ordentlich geharkt. Es gibt Gestecke und Wintergewächse und ordentlich abgewischte Töpfe und die zu dicke Metallschrift auf den Steinen, es gibt keinen Ort zum Sitzen, jedenfalls keinen, an dem man sich nicht komisch vorkommt, aber es gibt die kleine Kapelle, in der wir noch nie waren, und die niedrigen Wohnhäuser drum herum, die Schule am Ende der Straße, direkt am Wald, es gibt einen Müllplatz fürs Plastik und einen für den Biomüll und einen für alles andere, wo nichts drin liegt, es gibt einen Wasserhahn und leere, ausgespülte Gemüsegläser, es gibt knackendes Eis, sofort berstendes, brechendes Eis, es gibt nicht einmal Schnee und keinen anderen Menschen, dich nicht und mich nicht, aber weiße Ranunkeln und die Angst, sie könnten heute nacht nicht überleben, es gibt Tannen, ich weiß, ringsum sogar, einmal rum, und die Schienen in der Ferne, ich weiß, und den See und keinen Lärm und nicht so viel Besuch, denn das nervt, ich weiß, aber es gibt Palpitation und wie du damals gesagt hast, du bleibst.

I think they are like Braille for those who can see but can’t feel.

Birds

Ich sage ja immer, es macht mir nichts, doch es macht mir was.

Tree

In mir etwas aus, in mir etwas an. Nach drei Wochen Stille und Meer und einem Horizont, den man ganz unbewusst einfach absucht mit dem Auge, obwohl man weiß, dass man nichts finden wird (und der einem dann zeigt, wie man auch sonst so funktioniert und dass wir alle immer auf dieser beschissenen Suche sind ohne mal Ruhe zu geben, ohne mal zu sagen, is gut jetzt, is doch einfach mal gut jetz), nach drei Wochen Ausleeren, sich und den Kopf und die Poren, nicht einmal mit Schwung sondern langsam, der Stress blutete aus, nach diesen drei Wochen ist wieder Platz und nach diesen drei Wochen ist so viel Platz, dass ich um alles, was passiert, sogar noch einmal ein paar Schritte machen kann, um es mal wieder von allen Seiten zu betrachten. Ich sage ja immer, es macht mir nichts, doch es macht mir was, all das, was passiert. Es macht mir etwas aus in verschiedenen Gegenden des Herzens und des Kopfes und als vorgestern jemand neben mir saß, der meinte, er könne es nicht, sich so angreifbar machen, solche Texte schreiben, die etwas mit dem eigenen Puls zu tun haben, und sie dann online stellen, da verstand ich ihn und nickte und gleichzeitig wusste ich, es darf etwas tun, man darf sich auch angreifbar machen, ich wäre dafür, das täten viel mehr Menschen, sich angreifbar machen und brüllen und flüstern, auch wenn es so oft nervt, aber mir sind Äußerungen immer lieber als Wandfarbe, Löcher lieber als Glattputz.

Und wie man den Stress jetzt ansieht, den man jeden Tag hat, und wie man das Ziel dahinter jetzt ansieht, das man nicht jeden Tag hat, und wie man mit der Lautstärke umgeht und dem nicht mehr ständig blauen Himmel und was man eigentlich will, nämlich mehr Disziplin im Gut Sein mit sich selbst und weniger Bequemlichkeit, weniger „Ist mir doch egal“, weil es nie egal ist und wir immer nur sagen, es ist doch egal, wenn es egal sein soll, unsere Abwehr macht die Sachen nicht kleiner und deswegen ist Unbequemes okay, mehr Umgehen damit, mehr Äußerung, mehr Auseinandersetzung, kein Wegducken mehr, weil es bequemer ist, und gleichzeitig aber auch ausloten, wann es genug ist, wann auseinandersetzen zu sich etwas aussetzen wird, das man nicht ertragen muss, die Grenzen neu ziehen und innen drin immer das Geräusch der Wellen am frühen Abend behalten, sich öfter herausnehmen aus dem Fluss, klarer sein.

Ich sagte viel zu oft, es mache mir nichts, doch es macht mir was und das ist eigentlich das Beste, was passieren kann. Sich selbst aufmachen und ehrlich sein und damit umgehen lernen, dass nicht jeder damit umgehen kann, in Bewegung bleiben und dennoch Inseln aufschütten. Alles lieber als Taubheit und immer wieder Platz machen, aussortieren, wissen, warum man sich für etwas entschieden hat und gegen etwas anderes. Sich nicht scheuen.