Die Sache ist ja die, dass es so viele Sachen sind.

Monat: August, 2011

Die Jahre gingen, wie man so sagt, ins Land.

Nest

„Das ist brutal, wissen Sie, richtig brutal. Während die unbedeutendsten Tiergattungen Tausende, manchmal Millionen von Jahren existieren, ehe sie verschwinden, werden gewerbliche Erzeugnisse innerhalb weniger Tage vom Erdboden gefegt, man räumt ihnen nie eine zweite Chance ein, sie müssen ohnmächtig das unverantwortliche, faschistische Diktat von Produktmanagern ertragen, die natürlich besser als alle anderen wissen, was der Verbraucher will, und die behaupten, beim Verbraucher Lust auf Neues entdeckt zu haben, die in Wirklichkeit sein Leben in eine erschöpfende, verzweifelte Suche verwandelt, in ein endloses Umherirren zwischen ständig anders bestückten Regalen.“ (S.164)

„Das Leben bietet einem manchmal eine Chance, sagt er sich, aber wenn man zu feige oder zu unentschlossen ist, um sie zu ergreifen, nimmt sie einem den Trumpf wieder aus der Hand. Es gibt einen geeigneten Moment, um Dinge zu tun und sich dem möglichen Glück zu stellen, dabei kann es sich um einen Zeitraum von ein paar Tagen, ein paar Wochen oder sogar ein paar Monaten handeln, aber diese Chance bietet sich nur ein einziges Mal, und wenn man sie später erneut zu ergreifen versucht, ist das schlichtweg unmöglich, es ist kein Raum mehr da für Begeisterung, für Überzeugung, für Glaube, es bleibt nur sanfte Resignation, gegenseitige Betroffenheit und das nutzlose, wenn auch berechtigte Gefühl zurück, dass irgendetwas hätte geschehen können, man sich aber des Geschenks, das einem gemacht worden ist, unwürdig gezeigt hat.“ (S.241)

„Man kann sich immer – so hatte Houellebecq gesagt, als er ihm von der Schriftstellerlaufbahn erzählt hatte – Notizen machen und versuchen, Sätze aneinanderzureihen; doch um wirklich mit der Niederschrift eines Romans zu beginnen, muss man warten, bis all das kompakt und unwiderlegbar wird, warten, bis ein harter Kern der Notwendigkeit auftaucht. Man trifft die Entscheidung, ein Buch zu schreiben, nie selbst, hatte er hinzugefügt, ein Buch sei wie ein Block aus Beton, der den Zeitpunkt des Abbindens selbst bestimme, und die Einwirkungsmöglichkeiten des Autors beschränkten sich ihm zufolge darauf, anwesend zu sein und bedrückt über die Untätigkeit darauf zu warten, dass der Prozess von selbst in Gang käme.“ (S.244)

„Im Grunde, sagte sich Jed beim Zuklappen der Zeichenmappe traurig, hatte sein Vater nie den Wunsch aufgegeben, Schwalbennester zu bauen.“ (S.394)

„Karte und Gebiet“ wurde geschrieben von Michel Houellebecq.

Throwing stones into Elliðaá.

Gletscher

Im November 2009 schrieb ich einen Text namens -vik. Mit einem Gedanken darin von einer Insel. Nun ist es soweit. Wir werden dorthin fahren, wir werden da sein. Einen Tag nach meinem Geburtstag wird das wahr, was ich mir damals am 22. November gewünscht habe. „Es gäbe innen drin vor allem dieses Warme, dieses Weiche, das, was man mit sich rumträgt, wenn es gut ist.“ See you then, Reykjavík.

(Foto: Carmi Grau)

Würdest du warten?

Grey

Woran hat’s gelegen? Und wie viele Wochen lebst du hier schon? Genau hier? Welche ist die Herz- und welche die Kopf- und welche die Lebenslinie und wieso gehen sie eigentlich kaum ineinander über? Wann hast du dich das letzte Mal verbrannt? Handelst du runter? Bist du fair? Wie lange ist es her, dass du eine Postkarte geschrieben hast, eine ohne Urlaub? Bist du besorgt? Bist du der letzte deiner Art? Erinnerst du Stimmen? Wie lange kannst du die Luft anhalten? In Menschenmengen, hältst du es da aus? Und wirst du deinen Namen behalten? Darfst du Dinge, die andere nicht dürfen? Wenn das hier kein Sommer ist, was ist es dann? Wenn du jetzt ein Lied aussuchen solltest, welches würdest du wählen? Und wenn du eine Stunde zurückholen und noch einmal leben könntest, wer wäre dabei? Bist du lichtempfindlich? Ist dieses Bild dir wichtig? Findest du auch allein hin? Welche Zeile hast du wohl am häufigsten gelesen? Knipsen oder schneiden? Weißt du, wer über dir wohnt? Denkst du immer noch darüber nach? Was hast du verliehen und nie wieder bekommen? Hast du noch etwas, das jemand anderem gehört? Ist das ein Riss oder ein Kratzer? Füllst du auf oder kaufst du neu? Mit Sahne? Erschrickst du manchmal vor dir selbst? Kannst du nähen? Wem hast du das letzte Mal guten Morgen gesagt? Weißt du, wie es deinen Eltern geht? Hast du dir schon einmal etwas gebrochen? Weißt du noch, welches Wort das letzte war zwischen dir und mir? Hast du eine Boombox? Das Geräusch von Tischtennis- oder das von Basketbällen? Gehst du in den Zoo? Triffst du all deine Entscheidungen allein? Wer ist mit dir verwandt? Was wäre besser? Bei was zuckst du zurück? Kapuze oder Schirm? Kannst du das präzisieren? Wann ist es zu spät und wann noch zu früh? Im Fieber, träumst du da? Erschüttert oder berührt? Hältst du dicht? Und ist man gut aufgehoben bei dir? Wo bist du am 31.12.2011? Und kennen wir uns dann schon? Oder noch?

I still believe in anchors.

I still believe in saviors but I know that we are all made out of shipwrecks, every single board washed and bound like crooked teeth on these rocky shores so come on and let’s wash each other with tears of joy and tears of grief and fold our lives like crashing waves and run up on this beach, come on and sew us together, tattered rags stained forever, we only have what we remember.“

Den ganzen Text dieses großartigen Stückes gibt es hier.